
Digital unterstützte Präsenzlehre
Präsenzlehre und Digitale Lehre sind keine dichotomen Lehr-Lern-Formen, sondern im Sinne einer Lehre der Zukunft zwei Seiten derselben Medaille. Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie digitale Materialien und Tools universitäre Angebote ergänzen und deren Methodenvielfalt erhöhen können.

Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Hochschullehre lebt von angeregten Diskussionen, der direkten reaktiven Kommunikation und der sozialen Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden im Hörsaal und Seminarraum. Gleichwohl kann sie mit unterschiedlichen Hürden einhergehen, z.B. der, dass komplexe Lehr-Lern-Inhalte einer heterogenen Studierendengruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, Lebenssituationen, Sprachbarrieren oder Motivationen vermittelt werden müssen. Digital unterstützte Präsenzlehre kann hierbei helfen: Sie fördert eine studierendenorientierte Ausrichtung und hält diverse Möglichkeiten bereit, um Lehr-Lern-Settings anschaulich, abwechslungsreich, flexibel und nachhaltig zu gestalten.
Mit den gesammelten Erfahrungen in der digitalen Lehre unter Pandemiebedingungen sowie der zunehmenden Verbesserung der technischen Rahmenbedingungen an Hochschulen gewinnt dieser Ansatz zunehmend an Bedeutung: Studierende und Lehrende wünschen sich für eine zeitgemäße Gestaltung von Studium und Lehre vermehrt eine (Präsenz-)Lehre, die durch digitale Lehr-Lern-Materialien und Tools sinnvoll angereichert bzw. im Blended Learning-Format umgesetzt wird (u.a. Berghoff et al., 2021, S. 2, S. 27). Reine Wissensvermittlung kann dabei zunehmend asynchron über digital aufbereitete Materialien im Selbststudium erfolgen, während in der Präsenz mehr Zeit für die Vertiefung des Gelernten entsteht: für Nachfragen, Austausch, Lernen am Modell, Anwendung, Diskussion, Interaktion und Soziales Lernen. Je nach Bedarf kann dieser Ansatz auch in Form Hybrider Lehre umgesetzt werden: Das Ergebnis ist ein flexibles Zukunftskonzept von Hochschullehre, das Studierenden ermöglicht, ausgehend von ihrer individuellen Lebenswirklichkeit und Lernpräferenz zeit- und ortsvielfältig, live oder on-Demand zu studieren; dies schließt auch internationales und barrierefreies Studieren ein.
Der Beitrag geht auf grundlegende Bausteine einer mit digitalen Medien angereicherten Präsenzlehre sowie auf digitale Unterstützungsmöglichkeiten für Interaktion und Kollaboration zwischen Lehrenden und Studierenden sowie Studierendengruppen ein. Dabei finden sich sowohl Hinweise auf digitale Möglichkeiten der (Inhalts-)Vermittlung und Aktivierung von Studierenden sowie potenziell einsetzbare digitale Tools als auch Optionen für die didaktische Gestaltung.
Präsenzlehre mit digitalen Lehr-Lern-Elementen anreichern
Längere Vorträge stellen häufig eine Herausforderung für die Konzentration und Aufmerksamkeit der Zuhörenden dar. Die Einbindung digitaler Lehr-Lern-Elemente in die darbietende Lehre, z.B. Präsentationen, Videos, aber auch Abstimmungssysteme, kann dabei unterstützen, die Studierenden durch eine anschauliche und ansprechende Vermittlung des Lernstoffs sowie durch Interaktionsmöglichkeiten zu aktivieren.
Mit Präsentationsfolien angereicherte Vorträge sind eine weit verbreitete Lehrform in der Hochschullehre. Sie findet Einsatz in allen Veranstaltungsformen und wird von Studierenden geschätzt (Schneider & Mustafic, 2015, S.91). Als Vorteile dieser Vermittlungsform identifizieren Studierende folgende Aspekte: Die Präsentationen strukturieren den Vortrag und erleichtern Mitschriften, erhöhen den Lernerfolg und machen Vorträge unterhaltsamer sowie interessanter (ebd.). Wie sehr der Einsatz von Präsentationsfolien die Aufmerksamkeit und den Lernerfolg der Studierenden beeinflusst, hängt allerdings stark davon ab, wie diese gestaltet und mit dem Vortrag kombiniert werden. Ratsam ist, dass die primäre Kommunikation über das gesprochene Wort erfolgt und mit den gezeigten Folien (sekundärer Kommunikationskanal) harmoniert.
Tipps zur Umsetzung
- Schlüsselbegriffe anstelle ganzer Sätze nutzen
Bei Vorträgen ist es grundsätzlich vorteilhaft und wirksamer, nicht rein mündlich vorzutragen, sondern das gesprochene Wort mit Text (oder Grafiken) zu kombinieren. Dabei sind Präsentationsfolien dann besonders effektiv, wenn sie eine bewusst getroffene Auswahl an Schlüsselbegriffen enthalten, und vergleichsweise weniger effektiv, wenn sie ganze Sätze oder Halbsätze beinhalten (Adesope & Nesbit, 2012). Wichtig ist zudem die Konvergenz der beiden Kommunikationskanäle: Gut abgestimmte Folien unterstützen die inhaltlich-sprachliche Vermittlung strukturell und nehmen dem Gesagten nichts vorweg. - Präsentationsfolien mit dem richtigen Ziel einsetzen
Präsentationsfolien unterstützen den Vortrag auf visueller Ebene und sollten entsprechend ihres Namens weder als Ablesevorlage noch als Skript dienen. Eine gut aufeinander abgestimmte Kombination aus Sprache und Abbildungen ist besonders lernförderlich, da sie von Lernenden besser erinnert wird als Wörter oder Bilder allein (Carney & Levin, 2002). Daraus resultiert, dass Inhalte auf Folien idealerweise durch Abbildungen – oder sollte dies nicht möglich sein – durch Schlüsselbegriffe dargestellt werden sollten. Eine Kombination von Bildern und Schlüsselbegriffen ist ebenfalls sinnvoll. Auf diese Weise bleibt die Aufmerksamkeit des Auditoriums bei den Lehrenden, deren Aufgabe es ist, die Abbildungen und Schlüsselbegriffe auf den Folien in ihren Vorträgen aufzugreifen sowie zueinander in Bezug zu setzen.
Weitere Hinweise enthält die Aufzeichnung des Impulsformats Ansprechend präsentieren.
Längere Vorträge können gut mit kurzen Videos angereichert werden. Der Medienwechsel hilft dabei, die Aufmerksamkeit der Studierenden aufrechtzuhalten, aber auch komplexe Inhalte über die mediale Aufbereitung anschaulich und kompakt zu vermitteln. Bereits mit einfachen technischen Möglichkeiten lassen sich professionell anmutende Lernvideos erstellen.
Tipps zur Umsetzung
- Videos als Teaser für aktivierende Lehr-Lern-Phasen verwenden
In Vorlesungen, Seminaren und Übungen können kurze Lehrvideos eingesetzt werden, um z.B. einen inhaltlich relevanten Anwendungskontext zu veranschaulichen, einen Perspektivwechsel auf den Lerninhalt zu ermöglichen oder in weiterführende Problemstellungen einzuführen. Dabei ist die ausschließliche Implementierung des Videos nicht automatisch lernförderlich. Erst wenn das instruktionale Design auf eine aktive Verarbeitung der digitalen Materialien ausgerichtet ist, können sich studentische Selbstlernprozesse intensivieren (Persicke, 2019, S. 24).
Im Anschluss des Medien-Inputs ist z.B. denkbar, dass Lehrende eine Frage zur Diskussion oder eine Aufgabe stellen, welche die Studierenden zunächst in einem Kleingruppen- oder Peeraustausch besprechen. Im weiteren Veranstaltungsverlauf können Lehrende Rückmeldungen der Studierenden einholen und den Ablauf der weiteren Sitzung daran ausrichten. Dieses Vorgehen setzt bei der Methode Peer Instruction an, die zur Aktivierung von Lernenden in Großveranstaltungen entwickelt wurde, ebenso gut aber bei kleineren Gruppen eingesetzt werden kann.
Malte Persike (2019, S. 27) fasst die Wirkungen und Nebenwirkungen von Videos in der Lehre zusammen: “Je mehr Kontrolle Lernende durch den Einsatz von Lernvideos über ihren eigenen Lernprozess erhalten, je interaktiver das Lernszenario wird, je mehr Feedback den Videoinhalt rahmt, desto höher wird die Chance auf positive Effekte nicht nur auf die Lernwirksamkeit, sondern auch auf Aspekte wie Motivation, studentisches Engagement oder Lernfreude”.
Grundlegend profitieren alle Veranstaltungsformen von Interaktivität und Feedback, da diese aktivieren und den Lernprozess der Studierenden vertiefen. Verglichen mit Veranstaltungen, die von Natur aus einen interaktiven Charakter haben (z.B. Seminare, Übungen), kann dies in Veranstaltungen mit großen Studierendengruppen und primär wissensvermittelnder, “frontaler” Ausrichtung (z.B. Vorlesungen) jedoch auf Umsetzungsschwierigkeiten stoßen.
Da frontale Großveranstaltungen mit gesteigerter Anonymität sowie aufgrund der Studierendengröße mit sehr diversen Wissensständen einhergehen (können), ist es insbesondere in diesen wichtig, die einseitige Darbietungsform regelmäßig aufzubrechen und die Möglichkeit zum aktiven Beteiligen zu geben. Auf diese Weise kann die Aufmerksamkeit der Studierenden erhöht werden und weniger motivierte, unsichere oder zurückhaltende Studierende können stärker in die Veranstaltung eingebunden werden.
Eine niedrigschwellige, digital-unterstützte Herangehensweise zur Initiierung von Interaktion und Feedback schaffen Audience Response Systeme (ARS): Die Lehrperson stellt eine veranstaltungsbegleitende Frage oder Aufgabe an das Auditorium (z.B. zum soeben vorgestellten Inhalt), auf die die Studierenden (in der Regel) anonym über ihre mobilen Endgeräte reagieren. Auf diese Weise lässt sich unmittelbar Feedback von Studierenden einholen, Vorwissen abfragen oder auch ein Brainstorming initiieren. Einfache Umfragen können über das ARS just-in-time erstellt, ausgewertet und dargestellt werden, so dass auf die Ergebnisse direkt in der Veranstaltung eingegangen werden kann und diese Ausgangspunkt für eine anknüpfende Diskussion sein können. Auch können sie den weiteren inhaltlichen Verlauf der Veranstaltung bestimmen, da sie einen Einblick in das Verständnis der Studierenden sowie direkt oder indirekt Feedback zur Vortragsgeschwindigkeit ermöglichen. Je nach ARS ist es zudem möglich, Umfragen vorzubereiten, sodass die Lehrperson passende QR-Codes zur Abstimmung in ihre Folien einbinden kann oder während der Veranstaltung bloß an der richtigen Stelle die Abstimmung für die Studierenden öffnen muss.
Dr. Malte Persicke, wissenschaftlicher Leiter des Centers für Lehr- und Lernservices an der RWTH Aachen, fasst in einem Video wesentliche Aspekte zum Einsatz von ARS zusammen.
Für eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt eignet sich begleitend zum Abstimmungselement (s. vorheriger Abschnitt) die Methode Think-Pair-Share, die auch in großen Studierendengruppen bzw. Hörsälen problemfrei umgesetzt werden kann. Ausgangspunkt ist eine Multiple Choice-Frage, über die die einzelnen Studierenden ca. zwei Minuten nachdenken und über das Audience Response System (ARS) individuell beantworten. Im Anschluss werden die Umfrageergebnisse ohne Auflösung der korrekten Antwort(en) durch die Lehrperson veröffentlicht. Zeichnet sich ab, dass ein großer Anteil der Studierenden für eine falsche Antwort gestimmt hat oder unsicher ist, diskutieren die Studierenden ihre Antworten für etwa drei bis fünf Minuten mit ihrer*m Sitznachbar*in oder in einer Kleingruppe. Dabei sind verschiedene Herangehensweisen möglich: Insofern sich die Diskutant*innen für unterschiedliche Antworten entschieden haben, erklären sie sich gegenseitig, warum sie die jeweilige Lösung bevorzugt haben, oder insofern sie dieselbe Antwort gewählt haben, besprechen sie, wieso es ihres Erachtens keine der anderen Lösungen sein kann. Anschließend wird erneut über das ARS abgestimmt. Bei dieser zweiten Abstimmung zeigt sich meist ein besseres Abstimmungsergebnis, da die Studierenden sich gegenseitig bei der Lösungsfindung unterstützen oder Verständnisschwierigkeiten im Peer-Gespräch abbauen konnten. Die Lösung der Frage könnte nun exemplarisch von einer*m Studierenden erklärt werden, um eine weitere Einbindung der Studierenden zu schaffen, und/oder durch die Lehrperson in inhaltlichen Bezug gesetzt werden.
Dr. Leah Sharp vom ProLehre Team der TU München erklärt in einem Video die methodische Herangehensweise „Think-Pair-Share“ zur Aktivierung von Studierenden in großen Gruppen.
Einen niedrigschwelligen Einstieg in veranstaltungsbegleitende Abstimmungen bieten integrierbare (Software-)Lösungen oder webbasierte, kostenlose und DSGVO-konforme Abstimmungssystem. Nähere Informationen unter Digitale Tools.
Nachhaltiges Lernen durch die Bereitstellung digitaler Lehr-Lern-Materialien ermöglichen
Veranstaltungsbegleitende digitale Lehr-Lern-Materialien und -Einheiten sind vorteilhaft, da sie sowohl vertiefende Informationen und Möglichkeiten zur Anwendung des Gelernten bereitstellen können als auch die Flexibilität zum orts- und zeitunabhängigen (Selbst-)Lernen der Studierenden schaffen. Digitale Materialien wie Skripte und Screencasts sowie Selbstlerneinheiten mit konsekutiven Selbsttests bieten eine gute Grundlage für die Vor- und Nachbereitung der Sitzung sowie eigenständige Wiederholung der Inhalte und können den Studierenden z.B. über Stud.IP strukturiert und langfristig zur Verfügung gestellt werden. Um sicherzustellen, dass alle Studierenden die Lehr-Lern-Materialien finden, ist es ratsam, zu Beginn des Semesters gemeinsam den organisatorischen Rahmen sowie Veranstaltungsablauf zu besprechen und offene Fragen zu klären (Ablageorte der Materialien, eindeutige Bearbeitungshinweise und Termine, Kommunikationskanäle). Die Studierenden entscheiden anschließend individuell, wann, wo, wie lange und wie häufig sie sich mit den Materialien auseinandersetzen, ebenso ob sie dies allein, in einem Lerntandem oder einer -gruppe machen möchten. Auf diese Weise kann den unterschiedlichen Bedarfen und Lebenssituationen der Studierenden begegnet und ein wichtiger Beitrag für die Gewährleistung einer barrierefreien Hochschullehre geleistet werden. Zudem kann sich der Zeitaufwand der Lehrenden langfristig durch die digital geschaffene Unterstützungsstruktur reduzieren, da diese häufig ohne große Anpassungen in weiteren Semestern genutzt werden kann.
Vertiefende Informationen zu digitalen Lehr-Lern-Materialien werden im Modul Online-Lehre im Abschnitt Asynchrone Lehr-Lern-Einheiten bereitgestellt.
Bereitgestellte Aufzeichnungen von Lehrveranstaltungen werden von Studierenden vielfach als sehr hilfreich bewertet (Berghoff et al., 2021, S. 13, S. 26), insbesondere wenn sie längerfristig zur Verfügung stehen (Gaaw & Wifek, 2020, S. 9) und so auch für die Prüfungsvorbereitung dienlich sind. Für dieses Szenario gibt es unterschiedliche Umsetzungsmöglichkeiten an der TU Braunschweig:
- Raumabhängige Veranstaltungsaufzeichnung im Hörsaal: Ausgewählte Hörsäle der TU Braunschweig sind mit einer Aufzeichnungstechnik ausgestattet. Die Videos werden in den persönlichen Account der Lehrperson bei Stud.IP übertragen, können von dort aus verwaltet und den Studierenden zugänglich gemacht werden. Nähere Informationen dazu sowie eine Liste über die Hörsäle mit Aufzeichnungstechnik finden Sie hier.
- Raumunabhängige Aufzeichnung: Lehrende können ihre (Präsenz-)Veranstaltungen raumunabhängig z.B. über die Software Camtasia aufzeichnen, die ihnen im Rahmen einer Campuslizenz an der TU Braunschweig zur Verfügung steht. Dazu sollte die Lehrperson mit einem Headset (oder anderweitigem Mikro) sowie einer Kamera (externe Webcam oder Laptopkamera) ausgestattet sein. Die Präsentationsfolien werden mit Camtasia aufgenommen und mit der Audio- und Videospur kombiniert. Im Anschluss kann die Aufzeichnung den Studierenden z.B. über Stud.IP zur Verfügung gestellt werden.
Die konkreten Herangehensweisen an eine Aufzeichnung im Hörsaal sowie mithilfe von Camtasia werden in diesem Video erklärt.
Tipps zur Umsetzung
- Fragen und Beiträge der Studierenden wiederholen
Damit die Fragen und Beiträge von den Studierenden auch auf der Vorlesungsaufzeichnung gut zu verstehen sind, sollte die Lehrperson die Fragen aus dem Auditorium wiederholen und im Anschluss darauf eingehen. - Nachbearbeitung der Aufzeichnung
Eine Aufzeichnungsnachbereitung ist grundsätzlich nicht nötig. Falls jedoch gewünscht, können einzelne Stellen der Aufzeichnung mit der entsprechenden Software unkompliziert herausgeschnitten werden.
Der Inverted (auch Flipped) Classroom-Ansatz bietet eine Möglichkeit, um Lehr-Lern-Arrangements studierendenzentrierter auszurichten. Bei diesem Blended Learning-Modell wird die Wissensvermittlung strukturiert in die Selbstlernphase der Studierenden verlagert. Zur Vorbereitung auf Präsenzveranstaltungen können sie digital zur Verfügung gestellte Lehr-Lern-Materialien wie Texte lesen, Videos oder Vorlesungsaufzeichnungen anschauen und Aufgaben bearbeiten. Auf diese Weise wird die Voraussetzung geschaffen, dass alle Studierenden mit einem annähernd gleichen Wissensstand an der (Präsenz-)Veranstaltung teilnehmen können. Zudem bleibt durch die vorangestellte Inhaltsvermittlung in der Präsenzphase mehr Zeit für die gemeinsame Vertiefung des Gelernten, für die Diskussion der Lerninhalte sowie für weitere Interaktionen.
In der folgenden Grafik wird ein beispielhafter Ablauf des Inverted Classroom-Ansatzes entlang eines klassischen Veranstaltungsablaufs – vom Einstieg und der Aktivierung über die Vermittlung und aktive Lernphase bis hin zur Sicherung bzw. dem Abschluss – skizziert. Nähere Informationen zum Inverted Classroom sowie zur weiteren Umsetzung von Blended Learning-Modellen finden Sie hier.
Kollaboratives Lernen digital unterstützen

Kollaboratives Schreiben meint die Textproduktion im Team. Studierendengruppen können gemeinsam z.B. Ergebnissicherungen wie Berichte und Protokolle verfassen, aber auch ganze Hausarbeiten und Referate erstellen. Die partizipatorische Herangehensweise hat den Vorteil, dass komplexe Inhalte vergleichsweise intensiver bearbeitet werden können als dies in Einzelarbeit möglich wäre, und wirkt sich zudem motivierend auf die Studierenden aus: Jede*r Studierende*r kann sich einbringen und nimmt die eigenen Ideen als wichtigen Teil der Inhaltserarbeitung wahr (vgl. Zentrum für Lehre und Lernen der TUHH).
Zur Umsetzung dieser Arbeitsform eignen sich webbasierte Texteditoren wie Etherpads. Etherpads können an der TU Braunschweig in Stud.IP als PlugIn aktiviert werden und lassen sich – sind sie erst einmal eingebunden – über den entsprechenden Link auch außerhalb von Stud.IP öffnen und bearbeiten. Je nachdem, welcher Dienst als gemeinsamer Texteditor verwendet wird, ist es zudem möglich, Änderungen am Text individuell nachzuvollziehen und zu erkennen, welche Person welchen Inhalt beigetragen hat. Alle Beteiligten sind dabei gleichzeitig Autor*innen wie Lektor*innen.
Umfangreichere Möglichkeiten zum kollaborativen Lernen bieten sogenannte Board-Tools, die in einer Vielzahl unterschiedlicher Szenarien eingesetzt werden können: Z.B. zum Brainstorming, zum Erstellen von Mindmaps, für die Sortierung und Strukturierung von Ideen, für die Visualisierung und Verknüpfung von Inhalten und zur Präsentation von Ergebnissen, Lern- und Arbeitsprozessen. Board-Tools eignen sich insbesondere für Arbeitsformen wie Gruppenarbeiten, da alle Gruppenmitglieder gleichzeitig auf demselben Board an unterschiedlichen Stellen arbeiten und jederzeit Arbeitsprozesse sowie -ergebnisse einsehen können. Zudem bieten sie die Möglichkeit, Inhalte zu kommentieren und zu ergänzen, ohne zwischen verschiedenen Dokumenten hin und her zu wechseln oder auf die neueste Version zu warten. Die Lernenden können parallel dazu (sowohl per Video oder auch in Präsenz) entweder in mündlichem Austausch stehen, einzeln arbeiten oder zeitversetzt das Board anpassen.
Kollaboratives Arbeiten, insbesondere mit digital-unterstützten Elementen, erfordert eine eindeutige Vereinbarung darüber, wie die Zusammenarbeit konkret gestaltet werden kann bzw. soll, um Missverständnissen im Vorfeld zu begegnen.
Nähere Informationen zu kollaborativer studentischer Zusammenarbeit in synchronen sowie asynchronen Settings finden Sie auf der Seite Online-Lehre.
Synchrone Kommunikation und Organisation asynchron erweitern
Wie eingangs genannt, lebt Hochschullehre von der angeregten Diskussion, der direkten reaktiven Kommunikation und der sozialen Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden im Hörsaal oder Seminarraum. Digitale Tools ermöglichen es, Kommunikation um eine ort- und zeitunabhängige Komponente zu erweitern und Austausch im Plenum oder in Kleingruppen/Lerntandems auch nach der Veranstaltung synchron oder asynchron fortzuführen. Geeignete Kanäle hierfür bieten beispielsweise Stud.IP oder der TUBS Messenger.
Tools für synchrone Kommunikation | Tools für asynchrone Kommunikation | |
Kommunikation im Plenum | Gruppenkanäle im Messenger | Gruppenkanäle im Messenger, Stud.IP Forum |
Kommunikation in Kleingruppen/Lerntandems | Gruppenkanäle oder Privatchat im Messenger, Videokonferenzräume in Stud.IP | Gruppenkanäle oder Privatchat im Messenger, BBB in Stud.IP |
Kommunikation von der Lehrperson aus an die Studierenden (Informationen an Studierende kommunizieren) | Ad-hoc Kommunikation über Gruppenkanal im Messenger | Rundmail in Stud.IP |
Die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten können gezielt in das Veranstaltungskonzept eingebunden werden und so das Methodenrepertoire erweitern. Haben Studierende z.B. ihre Gespräche in der Kleingruppe am Ende der Präsenzsitzung nicht abgeschlossen, besteht die Möglichkeit, sie synchron via Videokonferenz oder Messenger fortzusetzen. Zudem lassen sich Kanäle dieser Art nutzen, um Fragen (an Kommiliton*innen oder je nach Zugang an die Lehrperson) zu stellen, die sich nach der Präsenzsitzung oder während der Bearbeitung einer (Haus-)Aufgabe ergeben. Sind alle Veranstaltungsteilnehmer*innen Mitglieder mindestens einer gemeinsamen Messenger-Gruppe, können zudem relevante Informationen für alle schnell und einfach kommuniziert werden. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass alle Studierenden (sowohl bezüglich der Antworten auf offene Fragen als auch bezüglich relevanter Ankündigungen) auf demselben Kenntnisstand sind.
Denkbar ist auch die Einbindung von asynchronen Diskussionen in ein Veranstaltungskonzept. Hierbei können sich Studierende z.B. während der Selbstlernphase bzw. bis zur nächsten Präsenzsitzungen im Stud.IP Forum mit Fragen oder Sichtweisen zu einem konkreten Lerngegenstand auseinandersetzen. Die Ergebnisse der Diskussion, ebenso wie interessante Aspekte des Diskussionsverlaufs können dann Ausgangspunkt für weitere Vertiefungen in der Präsenzveranstaltung sein.
Wichtig für die Verortung während der Selbstlernphase bzw. die Einbindung asynchroner Lehr-Lern-Elemente in die Präsenzveranstaltung ist eine verlässliche, transparente Kommunikation des organisatorischen Rahmens. Relevante Informationen und Termine sollten den Studierenden z.B. zu einem festen (wöchentlichen) Zeitpunkt über einen fixen Kanal wie Stud.IP Rundmail zur Verfügung gestellt werden. Nähere Hinweise zur Einbindung asynchroner Lehr-Lern-Elemente finden Sie auf der Webseite zur Online-Lehre (Abschnitt 3.2: Asynchrone Lehr-Lern-Einheiten).
Literatur
Adesope, O. O., & Nesbit, J. C. (2012). Verbal redundancy in multimedia learning environments: A meta-analysis. Journal of Educational Psychology, 104(1), 250.
Berghoff, S., Horstmann, N., Hüsch, M., & Müller, K. (2021). Studium und Lehre in Zeiten der Corona-Pandemie. Gütersloh: Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). URL: www.che.de/download/studium-lehre-corona/, zuletzt geprüft am 04.05.2022.
Carney, R. N., & Levin, J. R. (2002). Pictorial illustrations still improve students‘ learning from text. Educational psychology review, 14(1), 5-26.
Gaaw, S., & Wifek, J. (2020). Selbstreguliertes Lernen hoch 2 – Neue Herausforderungen und mögliche Handlungsstrategien. In: Potentiale und Herausforderungen digitaler Hochschulbildung, Diskussionspapier 02/2020. Dresden: Zentrum für Qualitätsanalyse (ZQA), TU Dresden.
Persicke, M. (2019). Videos in der Lehre: Wirkungen und Nebenwirkungen. In: Niegemann, H., & Weinberger, A. (Hg.), Handbuch Bildungstechnologie. Konzeption und Einsatz digitaler Lernumgebungen (S. 259-270). Berlin: Springer.
Schneider, M., & Mustafic, M. (Hg.). (2015). Gute Hochschullehre. Eine evidenzbasierte Orientierungshilfe. Berlin, Heidelberg.
Zentrum für Lehre und Lernen der TUHH (2022, 24.01.). Kollaboratives Schreiben. URL: www2.tuhh.de/zll/freischwimmer/kollaboratives-schreiben-2/, zuletzt geprüft am 04.05.2022.
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